Month: June 2012

Die Fussballeurokrisenverschwoerung =)

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Ich moechte gleich zu Beginn sagen, dass der folgende Text rein humoristischer Natur ist bevor noch irgendwer glaubt ich meine das ernst oder so. Dieses kleine Statement ist mir wichtig, denn ich werde im Folgenden boese Verlaeumdungen niederschreiben und mir ist der nationalistische Ton durchaus bewusst. Ich hoffe nur der Leser nimmt das alles nicht allzu ernst.

Heutzutage gehoerte es sich ja schon fast zum guten Ton die eine oder andere Verschwoerungstheorie zu glauben. Man will ja mitreden koennen, auch wenn die gequirlte Kacke eigentlich keinen Sinn macht. Nun ja, ich fuer meinen Teil habe leider noch keine passende gefunden. Aus diesem Grund moechte ich hier einfach mal meine eigene praesentieren! Ich werde naemlich die Frage beantworten warum Deutschland im EM-Halbfinale verloren hat und was dies mit der Eurokrise zu tun hat!

Aber beginnen wir mal am Anfang sozusagen. Im Jahr 2004 schied die deutsche Nationalmannschaft, wie schon 2000, klaeglich in der Gruppenphase der Europameisterschaft aus und unsere Tante Kaethe Rudi Voeller raeumte seinen Teamchefstuhl. In dem gleichen Zeitraum ging es der deutschen Wirtschaft auch nicht so praechtigt. Trotz des guten Abschneidens waehrend der WM 2002 in Sued Korea und Japan hatte sich Anfang des Jahrhunderts das GDP um gut 25% zu 1995 verringert und die Wachstumsraten erreichten 2003 einen Tiefstand von -0,39%. Bis 2004 gab es zwar bereits einen kleinen Aufwaertstrend von 1,16%, der jedoch in 2005 auf 0,68% fiel. Doch mit der Ernennung von Juergen Klinsmann zum Bundestrainer in 2004 sollte die Mission Sommermaerchen 2006 gestartet werden. Deutschland sollte zurueck auf zu den Grossen im Fussball und auch die Deutsche Wirtschaft erlebte wieder einen Aufwaertstrend. Juergen Klinsmann sicherte uns im Confederations Cup 2005 und ein Jahr spaeter bei der WM 2006 den dritten Platz, unser Wachstum erreichte mit 3,7% einen Hoehenflug und das GDP lag ueber 50% hoeher als noch in 2001. Ausserdem schafften wir es unsere Staatsverschuldung von 44,62% vom GPD in 2005 auf 40,76% vom GDP in 2007 zu senken. Zur gleichen Zeit hatten unsere geliebten Griechen bereits eine Staatsverschuldung von ueber 120% vom GPD. Gleichzeitig schaffte es die Bundesregierung in ihrem Haushalt das Defizit von -89,15 Milliarden Euro in 2003 auf ein schoenes Plus von 5,76 Milliarden Euro in 2007 zu hieven! Deutschland ging es also wirtschaftlich und fussballerisch gut, das erzeugt natuerlich Neider.

Dann ging es aber dank unserer Freunde auf der anderen Seite des Atlantik etwas abwaerts in der Wirtschaftswelt, bei denen ist Fussball ja auch nicht beliebt. Und waehrend Deutschland 2008 in der EM nicht nur das erste Mal seit 1996 eine Vorrunde ueberstand sondern gleichzeitig noch Zweiter wurde, lief es fuer die Wirtschaft nun nicht so gut. Das Wachstum schrumpfte auf 1,08%, das GDP erreichte mit 3.6237 Milliarden Euro seinen Hoechstwert in dem Jahrzehnt, die Staatsverschuldung stieg um 3% vom GDP gegenueber 2007 und die Regierung hatte mit -1,41 Milliarden Euro mal wieder rote Zahlen im Buch stehen. Aber wir standen trotzdem gar nicht so schlecht da.

Interessanterweise meldeten sich 16 Monate nach unserem EM-Erfolg die Griechen, die alle drei Spiele in der Vorrunde verloren hatten, zu Wort und riefen ihre Staatsschuldenkrise aus. Die hatten sich naemlich eine Staatsverschuldung von 141,97% vom GDP in 2009 angefressen und stuerzten Europa damit in die groesste Staatsschuldenkrise die es bis dahin kannte. Es folgten darauhin noch Spanien, EM-Gewinner, Italien, schied im Viertelfinale gegen Spanien aus, Irland, waren nicht dabei, und Portugal, die im Viertelfinale gegen Deutschland verloren, und zwangen die europaeische Gemeinschaft dazu den Euro-Rettungsschirm zu entwerfen der Hilfskredite fuer die bankrotten Laender bot. Deutschland beteiligte sich bekanntlich umfangreich daran um die Regierung sammelte sich so in 2010 ein Defizit von -105,86 Milliarden Euro an und das Wirtschaftswachstum brach ein auf ueber -5%. Es ging Deutschland also nicht gut und Europa war schlechter dran, einzig unsere Mannen in Suedafrika spielten wieder erfolgreich Fussball und kegelten England und Argentinien eindrucksvoll aus dem Turnier bevor wir erneut an den sehr gut spielenden Spaniern scheiterten und wieder nur den dritten Platz machten. Portugal verlor im Achtelfinale gegen Spanien, Griechenland und Italien flogen bereits in der Vorrunde raus und Irland war gar nicht erst dabei.

Jedoch ging es weiter und die 440 Milliarden Euro des Europaeische Finanzstabilisierungsfazilitaet reichten nun nicht aus um die Krise abzuwenden. Es ging rauf und runter, besonders bei den griechischen Regierungswahlen. Man machte einfach fleissig weiter mit dem Pleitesein! Nun kam die Euro 2012 und Deutschland beeindruckte mit einer niederlagenlosen Vorrunde, einer enormen Torbilanz und sonst noch ein paar Rekorden. Selbst die so genannte Todesgruppe mit den ebenso erfolgreichen Niederlanden, den immer gefaehrlichen Portugiesen und den gemeinen Daenen schreckte uns nicht ab, wir spielten die beste Vorrunde seit Fussball in Farbe gibt. Und immer mitten drin statt nur dabei war unsere Gluecksbringerbundeskanzlerin Angela Merkel! Allerdings, beim gestrigen Spiel gegen Italien war sie nicht im Stadion. Die EU rief ein Gipfeltreffen ein auf dem die Staatenkrise besprochen und neue Wachstumspakete geschnuert werden sollten! Griechenland, Italien, Spanien und Portugal haben also unsere Gluecksbringerin aus dem Stadion herausgelockt! Waehrend die Italiener 2006 noch einen unseren wichtigsten Spieler haben sperren lassen trieben die geschundenen Laender nun ein solch fieses Spielchen. Es ist so eindeutig! 2008 spielt Deutschland erfolgreich und es folgt eine Staatshaushaltskrise, 2010 spielt Deutschland erfolgreich und der Euro muss gerettet werden und 2012 wird unsere Bundesglueckskanzlerin fuer Verhandlungen aus dem Stadion gelockt damit die Deutschen bloss nicht gewinnen! Keine Kabinenansprache von Angela, die den Tim Wiese ja so gern hat! Da haben wir es also, die ganze Eurokrise ist nichts weiter als ein reaktionaeres Verhalten auf den Erfolg des deutschen Fussballs!

Mal sehen, wie es 2014 in Brasilien aussehen wird. Ich wette irgendwer wird uns den Krieg erklaeren, oder unsere Bundesglueckskanzlerin, falls sie dann noch im Amt ist, wird entfuehrt oder sowas.

P.S.: Eine Gegendarstellung: Deutschland ist zurecht rausgeflogen, weil sie die erste Halbzeit verpennt und es nicht geschafft haben den noetigen Druck und ein hohes Spieltempo gegen die Italiener zu entwickeln. Und was der Gomez da aufm Platz sucht weiss auch keiner. Und schade, dass Schweini so mies gespielt hat, war nicht seine EM!

Mal was lustiges…

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Waehrend ich gerade darauf warte, dass sich das Update von OpenOffice bei mir installiert habe ich mir gedacht mal einen heiteren Text zu posten, den ich vor einiger Zeit in einer Mischung als guter Laune und etwas Alkohol fuer ein kreatives Forenthema ueber den Begriff der Wahrheit im philosophischen Diskurs formuliert habe. Ich bin mir durchaus bewusst, dass der folgende Text aufgrund seiner kuerze und seines humoristischen Inhalts nicht zwingend die komplette Bandbreite der dahinterstehenden Philosophie abdeckt und moeglicherweise auch nicht voellig richtig ist. Aber das ist mir in diesem Fall einfach mal egal!

 Ein Abend in Koenigsberg

Genuesslich lallend sitzt der Toga-tragende Aristoteles am Tisch, mehrere Kruege gelehrt vor sich, und spricht: “Siehst du Immi, die Aussage ich koennte dich untern Tisch trinken ist wahr!” Man hoert ein zustimmendes Stoehnen vom Fussboden.

Ayer meldet sich zu Wort: “Mein helenischer Freund, deine Spitzfindigkeit ist doch voellig redundant, dass der olle Kant unterm Tisch liegt zeigt doch schon von sich aus die Wahrheit deiner Aussage. Wozu also noch sagen sie waere wahr?” Nachdenklich und verlegen nickt Aristoteles, merkt dann aber an, dass es ja trotzdem eine Uebereinkunft zwischen dem besoffenen Preussen auf dem Boden und der Erkenntnis geben muss, ob er sie nun ausspricht oder nicht. “Du redest schon wie der Tarski” mault Kant.

Mit einem Piccoloechen bewaffnet setzt sich Juergen an den Tisch und meint: “Papperlapap, deine Aussage, lieber Sirtakitaenzer, ist doch nur wahr weil ihr alle doch die Bedingung in einem uebereinstimmenden Konsens gefunden habt und er jederzeit begruendbar und anfechtbar ist. Ihr wisst doch nicht mal genau was die Tatsachen sind die ihr als Wahrheitstraeger benennt.” Ayers schuettelt den Kopf. “Lieber Juergen,” sagt er, “sag mir doch bitte wo genau du bei zumindestens diesen beiden Herren noch irgendeine Zurechnungsfaehigkeit verorten kannst? Wie soll dein Ansatz da funktionieren?” “Dat haschte davon, waenn du einem Duesseldorfer dat Wwwort erteilst, kommt nuer Dummzeuchs bei russ,” ertoent die lallende Stimme Kants, der versucht sich am Tisch hoch zu ziehen, „Jedanken ohne Inhalt sind laer, Anschaudingsbums ohne Bejriffe sind bluend sach ich dir du Banause!“

“Nun ja,” bemerkt Ayers, “wir koennten ja auch sagen, dass wegen unserer Wahrnehmung…” “Halts Maul!” schimpft Habermas und fuehrt fort, “komm mir nicht mit dem von Glaserfeld und mit seinem oesterreichischen Wichsgriffel! Die gehen mir sowas von aufm Sack und haben hier nix verloren!”

“Jungs, Jungs, macht euch doch nicht so einen Stress.” Hegel setzt sich an den Tisch und alle gucken ihn an. “Wenn eure Aussagen untereinander nicht im Widerspruch stehen und auch sonst nicht gegenueber einem bestehenden System von wahren Aussagen ueber betrunkende Philosophen, so ist doch das alles kein Problem.”

Habermas faengt an zu lachen, Ayers schuettelt den Kopf und Aristoteles bemerkt treffend, “woher weisst du denn ueberhaupt dass dein System wahr ist? Glaubst du interne Konsistenz ist eine hinreichende Bedingung? Erzaehl das ma diesen, wie nennt ihr das gleich noch… ach ja, Christen und Muselmaenner.” Kant ruelpst. Hegel faengt an zu weinen und geht.

“In fuenf Minuten machen wir den Laden zu” ruft der Wirt und die Gaeste beginnen die Lokalitaet zu verlassen. Sprachlos sitzt die Runde noch an ihrem Tisch, jeder in Gedanken versunken. “Was machen wir denn nun?” fragt Ayers. “Keine Ahnung!” antwortet Aristoteles. Der Wirt kommt zum Tisch und bittet die Gruppe zu gehen. “Wir haben hier eine Diskussion ueber Wahrheit,” empoert sich Habermas, “wir koennen noch nicht gehen.” Der Wirt laechelt. “Wahrheit werdet ihr hier nicht finden, Wahrheit koennt ihr euch nur erfinden!”

Zehn Minuten spaeter stehen alle vier vor der geschlossenen Kneipe, Kant wird von Ayers und Aristoteles gestuetzt. Habermas blickt nachdenklich zu den Sternen. “Wisst ihr,” sagt er, “so ganz unrecht mag der Wirt nicht haben.” “Ja,” antwortet Kant, “der Schlegel kann mehr als nur Bier ausschenken.”

Wer Recht behaelt…

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Was ist das eigentlich, der Burden of Proof? Oder in Deutsch, die Beweislast. Jeder spricht darueber, jeder schiebt sie dem anderen in die Schuhe aber was genau bedeutet das eigentlich? Ich moechte das hier einmal kurz anhand eines interessanten Papers von Dare und Kingsbury (2008), zwei Philosophen meiner Nachbaruni, praesentieren. Nach denen gilt es zwischen Recht und Diskurs zu unterscheiden und ob Diskurse wahrheitsgeladen sind oder nicht (Dare & Kingsbury, 2008).

Im Rechtsverstaendnis beispielsweise liegt die Beweislast bekanntlich immer beim Anklaeger. Der Beschuldigte gilt folglich so lange als unschuldig bis seine Schuld bewiesen ist. Dabei gilt der Grundsatz des Rechtes sogar meist ueber dem des Beweises hinaus. Dare und Kingsbury (2008) verweisen hierbei auf einen Fall in dem die Indizien klar zeigten, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat, dennoch wurde er freigesprochen weil die Indizien illegal besorgt wurden.

Im Diskurs hingegen sieht die Sache etwas anders aus. Allen (2004) beschreibt den Burden of Proof aka die Beweislast wie folgt:

“It is rare, outside legal and quasi-legal contexts, for the burden of proof on one side of an argument to be recognised formally. Yet, the implicit idea behind it is found in all reasoning. One person has a more demanding job of proving a point and, if they fail, then an alternative position remains the preferred one. One person must provide more evidence, must positively show their conclusion to be true” (p. 81).

Es handelt sich dabei also um die Feststellung, dass eine Ansicht in einem Diskurs generell mit Argumenten gestuetzt werden muss, falls dies jedoch nicht gelingt wird die alternative Position die bevorzugte. Allerdings ist es zunaechst schwer sich darueber zu einigen wer den nun in der Beweispflicht steht. Dies laesst sich z.B. mit Reid (1863) loesen, der schreibt dass

“All men that have common understanding, agree in such principles; and consider a man a lunatic or destitute of common sense, who denies them or calls them into question” (p. 230).

Eine Position die den gesunden Menschenverstand vertritt ist also die Position die bevorzugt wird und die nicht zunaechst in der Beweislast steht. Räikkä (2005) hingegen beschreibt die Verortung der Beweislast durch die Argumentationstechnik wie folgt:

“[the] intelligent arguer attempts to avoid the burden of proof and achieve a position in which she is presumed to be right until proven otherwise” (p. 228).

Dare und Kingsbury (2008) kritisieren hierbei die einseitige Verortung der Beweislast und argumentieren fuer ein quasi abstufendes oder gleichgewichtiges Verstaendnis der Beweislast, auch, wie oben geschrieben, im Sinne einer Wahrheitsorientierung. Nicht-wahrheitsorientierte Beweislast findet sich in z.B. im Diskurs, wo eine Seite die logischen Fehler eines Argumentes der anderen Seite aufdecken muss. Dabei geht es erst in zweiter Linie um die inhaltliche Richtigkeit der Aussage. Sehr bekannt fuer diese Art der Diskurse sind so genannte Debattierclubs, in denen nicht der Wahrheitsgehalt eines Themas sondern die Argumentationsfaehigkeiten der Teilnehmer im Vordergrund stehen. Ein weiteres Beispiel ist Sicherheit zu Beispiel an Bord eines Schiffes. Hierbei liegt die Beweislast nicht allein bei demjenigen, der Sicherheitshinweise gibt. D.h. zum Beispiel, dass der Reeder eines Schiffes nicht alleine in der Beweispflicht steht das ueber-Bord-springen gefaehrlich ist, sondern dass der Passagier gleichermassen argumentativ zeigen muesste das diese Annahme falsch ist um die Hinweise zu entkraeften, ohne allerdings tatsaechlich ueber Bord zu springen. Diese differenzierten Verortung der Beweislast bei nicht-wahrheitsorientierten Argumentationen ist von zentraler Bedeutung fuer Dare und Kingsbury (2008).

Bei Wahrheitsorientierten Aussagen verweisen sie hingegen auf den Popperschen Falsifikationismus. Hierbei ist der Wahrheitsgehalt einer wissenschaftlichen Aussage oder Theorie vor dem Hintergrund guter empirischer Methodik so lange anzunehmen bis die Beweislage gegenteiliges aufzeigt[1]. Dies ist notwendig, da sich eine Theorie aufgrund des Induktionsproblems nie endgueltig beweisen laesst. Dieses besagt, dass ein allgemeingueltiger Satz nicht durch einzelne Beobachtungssaetze vollstaendig bewiesen werden kann. Als Beispiel dienen Popper (2002 [1935]) hier Schwaene und ihre Farbe. Nach dem Induktionsproblem laesst sich aus der Aussage “dieser Schwan ist weiss” nicht der Satz “alle Schwaene sind weiss” herleiten, dies gilt auch fuer mehrere Schwaene. Der allgemeine Satz liesse sich nur formulieren wenn alle Schwaene die es gibt auf ihre Farbe hin geprueft wurden, was praktisch unmoeglich ist. Jedoch erlaubt Popper (2002 [1935]) den Satz so lange als wahr anzunehmen bis man ihn mit einem schwarzen Schwan falsifizieren kann. Aus diesem Grund ist die Verortung der Beweislast in diesen Faellen eindeutiger als bei den nicht-wahrheitsorientierten Situationen. Das Beispiel mit den Schwaenen scheint hierbei zwar uebertrieben zu sein, das Induktionsproblem und der Fasifikationismus spielen aber in der Wissenschaftstheorie eine bedeutende Rolle. Dare und Kingsbury (2008) fassen dies folglich so zusammen:

“Those promoting new views must provide compelling evidence before anyone is required to take them seriously” (p. 511).

Die schlussfolgernde Frage ist, ob es eine Verortung der Beweislast wie in den nicht-wahrheitsorientierten Faellen auch in den wahrheitsorientierten Fallen und in der Wissenschaft im Besonderen geben kann, soll, darf, muss? Dare und Kingsbury (2008) sagen klar nein aufgrund der oben genannten Argumentation. In wissenschaftlichen Fragestellungen ist die Beweislast klar definierbar und muss nicht gleich geteilt werden. Dies liegt auch an der meist in Masse aufkommenden Empirie orthodoxer Wissenschaft gegenueber neuen Ansaetzen. Dabei geben beide den Argumentationen von Antirealisten oder radikalen Konstruktivisten gleichzeitig eine klare Abfuhr.

Fussnoten:

[1]: der aufmerksame Leser erkennt das realistische Ideal das hier kritiklos vertreten wird.

Quellen:
Allen, M. (2004). Smart thinking. (Vol. 2) Melbourne: Oxford University Press.

Dare, T., & Kingsbury, J. (2008) Putting the burden of proof in its place: When are differential allocations
legitimate? The Southern Journal of Philosophy, 46, 503-518

Popper, K. R. (2002 [1935]). The logic of scientific discovery. London, UK: Routledge.

Räikkä, J. (2005. Global justice and the logic of the burden of proof. Metaphilosophy 36, 228-39.

Reid, T. (1863). The works of Thomas Reid. Edinburgh: MacLachlan and Stewart

Wir sterben dann mal aus

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oder wenn in dynamischen Populationen Affen Affen essen…

Eine Studie des Institute of Environment and Natural Resources, Makerere University, Kampala, Uganda, in Zusammenrbeit mit dem Department of Evolutionary Anthropology, Duke University, Durham, North Carolina, dem King Khalid Wildlife Research Centre, Riyadh, Kingdom of Saudi Arabia und dem Department of Anthropology, University of Michigan, Ann Arbor, Michigan ueber Affenpopulationen im Kibale Nationalpark in Uganda kommt zu dem Schluss, dass Affen Affen jagen.

Der 776 QKM grosse Nationalparkt beheimatet 13 Primartenarten wobei die Populationsdynamiken von 8 dieser Arten Gegenstand der 32.9 Jahre langen Langzeitstudie waren. In diesem Zeitraum erfuhr die Population des Roten Stummelaffen, welch ein knuffiger Kerl, einen Zurueckgang von fast 90%, waehrend zwei weitere Arten ebenfalls zurueck gingen und der drei anstiegen.

Als Ursachen wurden Waldrueckgang, Krankheit, Nahrungsmittelmangel und interspezifische Konkurrenz ausgeschlossen, die bewaldete Flaeche des Parks wuchs sogar an. Als einzige Erklaerung fuer die Entwicklung der Population dient die Praedation, bei denen eine Art (der Praedator oder Raeuber) die andere Art (Beute) toetet und als Nahrungs-Ressource nutzt. Mit der gleichzeitigen Abnahme der Rote Stummelaffenpopulation gab es eine Zunahme in den Zusammentreffen mit Schimpansenjaegergruppen, die als einzige fuer den drastischen Rueckgang der erstgenannten verantwortlich gemacht werden koennen.

Diese Studie zeigt zwei interessante Schlussfolgerungen, erstens:

“The Ngogo primate community seemed to be in a nonequilibrium state, changing from one dominated by two species, a folivore (red colobus) and a frugivorous omnivore (redtails), to one dominated by three species of frugivorous omnivores (redtails, angabeys, and chimpanzees).”

was interessant im Bezug auf das Verstaendnis von dynamischen Populationen ist und zweitens:

“This seems to be the first documented case of predation by one nonhuman primate causing the population decline in another”

mit einem Rueckgang von fast 90% kann man schon beinahe von einer bedrohten Art sprechen. Zumindestens in Uganda.

Quelle:
Lwanga, J.S., Struhsaker, T.T., Struhsaker, P.J., Butynski, T.M., & Mitani, J.C. (2011). Primate Population Dynamics Over 32.9 Years at Ngogo, Kibale National Park, Uganda. American Journal of Primatology, 73, 997-1011.

Eigentlich wollte ich ja ueber Fussball schreiben…

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Ja, im Zuge der Europameisterschaft wollte ich eigentlich mal ueber Fussball schreiben und das mal bissle von der oekonomischen Seite betrachten aber es kam dann doch alles anders. Zum einen, weil ich aufgrund eines Vorfalls schlicht sprachlos bin, der sich im Spiel von Irland gegen Spanien zueignete. Aber der 83 Minute begannen die irischen Fans bei einem 0:4 Rueckstand das Lied “Fields of Athenry” zu singen… Ein wahrer Gaensehautmoment, der von FAZ gut beschrieben wurde und mich dazu bewegt doch die Klappe zu halten. Der zweite Punkt ist, dass ich ueber ein interessantes Wort gestolpert bin: Nollywood[1]

Noch nie von gehoert? Nun, Nollywood ist der verniedlichte Name der niegerianischen Filmindustrie und, man glaubt es kaum, die weltweit zweitproduktivste Filmindustrie nach unser aller liebgewonnenes Bollywood aus Indien. Aber stellen wir Nigeria erst einmal kurz vor, so oekonomisch nech:

Das ist Nigeria, ein zentralafrikanisches Land mit 170.123.740 Einwohnern und somit auf Platz 7 der Weltrangliste. Wie es sich fuer ein ordentliches Dritteweltland gehoert lag das GDP-Wachstum[2] der letzten 10 Jahre weit ueber den der Industrienationen Europas und Nordamerika, und das selbst waehrend der Finanzkrise. Waehrend bspw. Deutschland in 2009 ein Wachstum von -5,13% hatte konnte sich die nigerianische Wirtschaft ueber satte 7% Wachstum freuen. Damit waren sie naeher an Chinas 9.2% als wir. Damit ist das GDP selbst in Nigera von 45,98 Milliarden US$ in 2000 auf 202,52 Milliarden US$ in 2010 gewachsen[3]. Das GDP per capita[4] betrug 2011 etwa 2.600 US$, was das Land auf Platz 177 der Weltrangliste schubst[5]. Zwischen 2002 und 2005 wurde mit dem Paris Club und dem IMF ein Schuldenerlass verhandelt. Im Gegenzug wurden marktwirtschaftliche Reformen gefordert, zum Beispiel eine Verbesserung des Bankensektors und eine Diversifikation der Volkswirtschaft, bis dahin war die Oelindustrie der Schwerpunkt mit 80% der Staatseinnahmen[6]. Dieser Erlass fuehrte dazu, dass Nigerias Schulden von 37,67 Milliarden US$ in 2004 auf 7,69 Milliarden US$ in 2006 sanken und nach einer leichten Erhoehung sich 2010 bei 7,88 Milliarden US$ eintaumelten. Die Umstellung ist auch ein Grund fuer das steigende Wachstum ab 2008, von 6% ueber die 7% in 2009 bis zu 8,7% in 2010, welches vor allem durch dem Dienstleistungsbereich zu verdanken ist. Kurz gesagt: Nigeria gehoert zu den aufstrebenden afrikanischen Staaten suedlich der Sahara. Es ist aber noch ein langer Marsch bis man sich mit Suedost-Asien messen kann.
CIA als Quelle

Soviel zur Vorstellung Nigerias. Also, ich sprach Anfangs von der Filmindustrie. Diese gehoert naemlich zur Dienstleistungsbranche und nigerianische Filme sind Exportgut Nummer zwei nach dem Oel mit schwergewichtigen 500 Millionen US$ Einnahmen. In 2006 produzierte Nigeria 872 Filme und nahm damals schon Platz zwei hinter Indien mit seinen 1.091 Filmen ein. Deutschland schafte es mit 147 Filmen auf Platz 7.

Hauptinhalt sind moraliche Dilemma der modernen Mittelklasse Nigerias, Religion, Zauberei aber auch oekonomische Perspektiven und Gewalt. Dabei machen die Filmemacher aber auch keine halt davor starke evangelikale Richtungen zu bewerben was in Verbindung mit dem Aberglauben an Zauberei zu brutalen Misshandlungen gegenueber Kindern fuehren kann. Das ist leider die tragische Seite der Filmindustrie, denn durch die mediale Verbreitung wird das Problem tadierten Aberglaubens in Verbindung wahnhafter religioeser Dogmatik noch staerker verbreitet.

Jedenfalls schlafen die Nachbarn Nigerias auch nicht, denn inzwischen gibt es starke Konkurrenz fuer den nigerianischen Film. Zum Bleistift bauen Ghana und Liberia ihr Ghallywood bzw. Lolliwood inzwischen mit Druck auf. Ganz ehrlich, ich find die Namen schon knuffig…

Nun, vielleicht lohnt sich ja mal ein Blick auf einen afrikanischen Film… Eine, meines Erachtens, gute Moeglichkeit der Entwicklungshilfe. Gut, bei den Trailern sollten se noch etwas arbeiten =D …

 Fussnoten:

[1]: das muss jetzt fett sein

[2]: Gross Domestic Product = Bruttonationaleinkommen

[3]: Quelle: Die Datenbank der Weltbank

[4]: GDP pro Person

[5]: Platz 1 ist Lichtenstein mit 141.100 US$ und Platz 226 ist die demokratische Republik Kongo mit 300 US$

[6]: 2011 sah es anteilsmaessig so aus: Landwirtschaft: 35.4% Industrie: 33.6% Dienstleistungen: 31% Anteil vom GDP

Noch ein paar Quellen:
Haynes, N. (2011). Nollywood tales. Books & Culture, n.a

Highet, J. (2010). Inside Nollywood. New African, 494, 18-19

The Economist (December 2010). Nollywood – Lights, camera, Africa. Retrieved June 10th, from  http://www.economist.com/node/17723124?story_id=17723124&CFID=153287426&CFTOKEN=59754693

Elliott, L. (May 2012). Africa’s spectacular growth jeopardised by rising inequality, new report warns. The Guardian, Retrieved June 10th, from http://www.guardian.co.uk/world/2012/may/11/africe-economic-growth-jeopardised-rising-inequality

Aquila, F. (June 2010). Africa’s biggest score: A thriving economy. Bloomberg Businessweek, Retrieved June 10th, from http://www.businessweek.com/investor/content/jun2010/pi20100628_516449.htm

Mahajan, V. (2009). Africa rising: How 900 million African consumers offer more than you think. New Jersey: Pearson Education

Wir sind keine Borg und deshalb pleite…

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Ein Thema worum ich lange einen Bogen gemacht habe um es hier zu Beschreiben ist die Finanzkrise. Inzwischen 4 Jahre alt und immer noch nix dolles drueber verfasst. Als Oekonom sollte ich mich schaemen. Aber das liegt vor allem an der Komplexitaet des Themas, denn im Gegensatz zum gemeinem Stammtischpolemiker sind singulare Ursachen wie “der Geiz des Hochfinanz”, die Politiker, die Illuminaten oder sonst nicht alleine daran schuld. Sicherlich ist persoenliche Bereicherung ein Faktor, allerdings handelt es sich dabei eher um ein Zahn im Zahnrad einer Uhr, aber Hauptsache man hat einen Schuldigen. Und wir Oekonomen, ja ich fuehle mich da inzwischen heimisch, werden seither sowieso als total nutzlos und doof hingestellt. Nun bin ich selbst sehr kritisch gegenueber der orthodoxen Oekonomie aber ein bisschen muss ich die ganze Disziplin in Schutz nehmen. Immerhin waere es ja schlecht, wenn ich von mir selbst behaupte ueberfluessig zu sein =)

Die Frage nach der Ursache der Finanzkrise beschaeftigt allerdings nicht nur das gemeine Volk, sondern auch ihre Hoheit Queen Elizabeth II. Und weil sie so prominent und wichtig ist, konnte sich auch im November 2008 schnurstracks in die London School of Economic rennen und fragen warum das passiert ist und es keiner hat kommen sehen. Daraufhin haben sich 32(!) Oekonomen, Journalisten und Politiker zusammen gesetzt um ihrer Majestaet in einem Brief auf drei Seiten eine Antwort zu geben. Und dieser Brief ist wirklich gut, allerdings will ich vorher noch drei weitere Faktoren einwerfen die dort nicht wirklich aufgefuehrt sind.

Zunaechst einmal gestand Alan Greenspan, ehemaliger Chef der amerikanischen Zentralbank Federal Reserve, seine Mitschuld zur Finanzkrise ein, betonte aber dass es sich dabei um menschliches Versagen handelt. Kurz: Wir sind einfach zu Bloed um die Konsequenzen unserer Handlungen voellig zu verstehen. Zweitens mag man hier noch mal fix Onkel Karl Marx aufwerfen, der schon frueh die Machtungleichgewichte erkannte die durch Kapitalakkumulation eintritt. D.h. dass diejenigen, die Kapital anhaeufen frueher oder spaeter marktspezifische Angelegenheiten besser diktieren koennen als zum Bleistift die Lohnarbeiterschaft. Und zum Schluss sei noch ein menschliches Verhalten zu betonen das unter den Kampfbegriffen Risikoaversion und Verlustaversion in der Verhaltensoekonomik bekannt sind und gerade im Bezug auf Finanzmaerkte recht interessant ist. Risikoaversion bedeutet, dass Menschen generell risikoreiche Entscheidungen meiden. Verlustaversion funktioniert genauso bei Entscheidungen die Verlustaengste beinhalten und, hier kommt das interessante, sie kann die Risikoaversion ausschalten. Ein beruehmtes Beispiel dazu stammt von Daniel Kahneman (2002) und heisst etwas rassistisch das Asien Krankheitsproblem. In einem Experiment wird folgende Aufgabe gestellt. Man stelle sich vor eine Krankheit aus Asien poppt in die USA die unbehandelt eine Sterberate von 600 Personen haben wird. Nun gibt es zwei Behandlungsoptionen, eine sichere und eine risikohafte, wovon kostenbedingt nur eine eingesetzt werden kann. Wird Option A angewendet werden sicher 200 Leute sterben, waehrend bei Option B eine 33 %ige Wahrscheinlichkeit existiert, dass alle 600 ueberleben werden. Die Mehrzahl der Teilnehmer wuerde Option A bevorzugen und zeigt damit eine Risikoaversion. Nun wird die Ausgangsituation wie folgt umformuliert, wobei eine sichere Antwort bleibt und eine weiterhin risikohaft ist: Wenn Option A angewendet wird, werden 400 sicher sterben, bei Option B besteht eine 33 %ige Wahrscheinlichkeit, dass niemand stribt und eine 66 %ige Wahrscheinlichkeit das alle 600 sterben. In diesem Fall wird die Antwort B bevorzugt obwohl das Risiko hierbei groesser ist. Dieses Verhalten hat Laurie Santos auf die Finanzwelt uebertragen und an Kapuzineraffen getestet und ihn ihrem TED-Talk eindrucksvoll vorgetragen. Wir verhalten uns also situationsbedingt und evolutionsdeterminiert irrational, was auf einem Finanzmarkt im Falle von Milliardenbetraegen durchaus schaedlich sein kann.

Aber nun mal zum Inhalt des Briefes. Denn dieser raeumt auch mit einigen Mythen auf. Der erste Teil beschreibt klipp und klar, dass eine Finanzkrise bereits lange und von vielen Fachleuten erwartet wurde. Einzig die Intensitaet und der Zeitpunkt konnte keiner Vorhersehen. Die ist auch dadurch verstaerkt, dass obwohl es sehr viele so genannte Risk Manager in verschiedenen Institutionen gibt, diese selbst nie eine globale Einschaetzung der Finanzmaerkte geben konnten. Der Grund liegt darin, dass die Systeme Finanzmaerkte derart komplex sind, dass niemand einen Ueberblick hat. Das ist dann wie mit dem Wetter, kein Meterologe auf der Welt kann das globale Wetter vorhersagen. Das ist einfach ein Ding der Unmoeglichkeit und warum sollte das bei einem ebenso komplexen System wie den Finanzmaerkten anders sein? Es gab aber immer Warnungen, z.b. durch die Bank of International Settlements oder der Bank of England in ihrem halbjaehrlichen Financial Stability Reports.

Der zweite Punkt sind Ungleichgewichte in der weltweiten Wirtschaft, die so genannte Global Saving Glut. Es handelt sich dabei um das Verhaeltnis von Investitionen und Sparen, global betrachtet, und dabei geht es hauptsaechlich um die Leistungsbilanzunterschiede. Makrooekonomisch gesehen muss die Summe der Leistungsbelanzen gleich null sein, das liegt in so nem doppelten buchhalterischen Verstaendnis. Sprich, exportiert Land A nach Land B so wird die Leistungsbilanz von B um den Wert negativ veraendert den Land A generiert. Oder, und das ist im folgenden wichtig: Jedes Land kann sich nur dann Verschulden wenn ein anderes bereit ist diesem einen Kredit zu geben. Die weltweiten oekonomischen Erfolge sowohl der Industrienationen als auch der Schwellenlaender China und Indien, und andere ja, haben dazu gefuehrt dass weltweit enorm viel gesparrt oder eingenommen wird. Und wer ist nun Hauptkonsument dieser Laender? Genau, die USA, die haben naemlich seit Jahren ein Leistungsbilanzdefizit in Hoehe von durchschnittlich 6%, d.h. sie konsumieren mehr als sie selbst produzieren. Bekannt ist dies durch die beruehmte “leben auf Pump” Mentalitaet der US-Amerikaner die man ja immer gerne entsetzt belaechelt. Unabhaengig vom Problem gibt es zwei Sichtweisen, einmal die USA lebe zu sehr auf Pump was die anderen zum Sparen zwingt oder die anderen sparen zu viel was die USA zum konsumieren zwingt… Egal wer, irgendwer hat nun schuld. Aber es ist hier nicht wichtig wer schuld hat, sondern was das bedeutet. Diese Dynamik hat naemlich dazu gefuehrt, dass langfristige und sichere durch mehr und mehr kurzfristige risikohafte Investitionen ersetzt wurden, die auf die USA fixiert waren. Anstatt in nachhaltige, sichere Entwicklung zu investieren sind viele Unternehmen weltweit zu Nettosparern geworden und haben lieber kurzfristig in die USA und den Finanzmarkt investiert. Sie sind zu Netto-Kreditgebern geworden und haben ihre Gewinnmargen enorm erhoeht. Gleichzeitig begannen auch die Unternehmen in den USA zu sparen, das Platzen der Dotcom-Blase hat schmerzhafte Spuren in den Bilanzen hinterlassen. Dadurch, und durch die Clinton-Politik, wurde vor allem der Immobilienmarkt der USA fuer Privatpersonen attraktiv, man konnte seinen Konsum inzwischen durch sein Haus absichern das wiederum im Wert immer weiter stieg. Nun hab ich dazu ja mehr geschrieben als ich wollte =/

Der naechste Punkt in dem Brief ist das unerschuetterliche Vertrauen in die Profis, die den Eindruck vermittelt haben zu wissen wie sie vernuenftig einen Finanzmarkt regeln. Die mathematischen Modell taten in ihrer Faehigkeit kurzfristige Risikomargen zu bestimmen ihr uebriges, glaubte man doch die langfristigen seien damit auch abgedeckt. Gleichzeitig setzte ein psychologisches Problemverdraengungsphaenomen ein, denn Haushalte konnte guenstige Gueter kaufen, Unternehmen kamen an guenstiges Geld, Banken konnten gute Gewinne durch den Anwuchs Kapitalakkumulation und Finanzprodukthandel machen und die Regierungen hatten gute Steuereinnahmen um in Infrastruktur usw. usf. zu investieren. Allen ging es quasi gut und keiner zweifelte an den Faehigkeiten im Falle eines Crashes mit den Folgen umgehen zu koennen und daher waren regulative Massnahmen schlicht kein Thema. Immerhin konnte man mit den Finanzkrisen in Japan in den 80ern, der Asiakrise in den 2000ern und der Dotcom-Blase auch gut umgehen.

Zum Schluss: Die Inflationsraten, die normalerweise als Indikatoren fuer ueberhitzte Volkswirtschaften dienen, blieben ziemlich gering. Die meisten Zentralbanken waren damit beschaeftigt die Inflation gering zu halten um die Wirtschaft am laufen zu halten was in niedrigen Zinsen resultierte. Die EZB zielte auf eine Inflation von weniger als 3% an, und das seit Jahren. Technisch gesehen arbeiten die Industrienationen relativ erfolgreich und die Entwicklungslaender Indien, China, Brasilien, Russland und andere zeigten auch, dass sie gute Arbeit taten. Das allerdings fuehrte dazu, dass niemand die daraus resultierenden Probleme fuer das Gesamtsystem erkannte. Es handelte sich dabei um eine Spielart der Rationalitaetenfalle, das individuelle Handeln vieler zur Verbesserung ihrer Situation kann zu einer Verschlechterung des Gesamtsystems fuehren. Waehrend die individuellen Risiken als minimal und kalkulierbar betrachtet wurden, was durchaus stimmt, verstand niemand das Gesamtrisiko in dem sich das System befand, hier sei wieder auf das Wetter verwiesen. Hinzu kam noch der psychologische Herdentrieb der auch in der Finanzwelt zu einer Konzentration fuehrte, die Problemignoranz und der Glaube an die Professionalitaet der Finanzmarktexperten. Oder wie es in dem Brief heisst:

“So in summary, Your Majesty, the failure to foresee the timing, extent and severity of the crisis and to head it off, while it had many causes, was principally a failure of the collective imagination of many bright people, both in this country and internationally, to understand the risks to the system as a whole” (p. 3).

Und hier moechte ich einen Bogen zur Ueberschrift ziehen. Wir sind keine Borg, wir sind kein Kollektiv das in seiner Gesamtheit ueber alle Geschehnisse immer bescheid weiss. Wir sind Elemente in komplexen Systemen, die sich dadurch auszeichnen dass niemand das komplexe System als ganzes begreift usw. usf. Und genau diese Eigenschaft fuehrt dazu, dass Systeme wie unsere Finanzmaerkte versagen koennen. Durch entsprechende Regulationen kann man das zwar mehr oder minder verringern, so genau sind sich die Oekonomen darueber nicht einige, aber dass Versagen systemimmanent ist eigentlich jedem klar.

Weitere Quellen:

Der Brief an Eli die Zwote

Die globale «Sparwut» – Beatrice Weder di Mauro

Kahneman, D. (2002, 8. December). Maps of bounded rationality: A perspective on intuitive judgment and choice. presented at the meeting of the Nobel Prize Lectures, Stockholm, Sweden. Retrieved from http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/economics/laureates/2002/kahneman-lecture.html

Die Fruchtfliege im Manne…

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Was so einige Biologen den ganzen Tag mit ihren Forschungsgeldern treiben wurde vor kurzen in einem sehr interessanten Artikel veroeffentlicht.

 Es geht dabei um, wie sollte es auch anders sein, das Sexualverhalten der Drosophila Melanogaster, einer Gattung der gemeinen Fruchtfliege. Die Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass das Maennchen der Drosophila Melanogaster ein sehr menschliches Verhalten bei der Partnersuche zeigt. Wir wir alle wissen kann man grundsaetzlich sagen, dass… sich fortpflanzen gluecklich machen kann, ueber die Dynamiken und Vorlieben mancher Artgenossen seien in diesem Fall einmal ignoriert. Der Grund liegt darin, dass in unserem Gehirn beim Akt, durch den Akt und manchmal auch nach dem Akt eine ganze Menge chemisches Zeugs ausgeschuettet wird, was die Laune verbessert sofern nicht einer der Teilnehmer klaeglich versagt… oder er gleich danach Fussball gucken rennt…

Dieser Prozess findet nun auch im Gehirn der Fruchtfliege statt, der macht Sex auch Spass. Jedoch ist das Revier hart umkaempft, wer kennt das nicht, und das Fruchtfliegenmaennchen kann schon mal von einem Fruchtfliegenweibchen einen Korb bekommen. Da dem Furchtfliegenmaennchen genauso wie seinem menschlichen Pendant der Nachwuchs in erster Linie mal egal ist sucht sich das Fruchtfliegenmaennchen einen Ersatz zur Erzeugung des Chemiecocktails im Kopfe oder wo bei denen auch immer das Hirn genau sitzen mag. Und wie sollte es anders sein, diesen Ersatz finden sie in alkoholhaltiger Nahrung.

Der Studie nach bevorzugen Fruchtfliegenmaennchen mit Korb alkoholhaltige Nahrung um sich einen Ersatzrausch zu besorgen. Sprich: Wenn man die Alte nicht knallen kann, dann geht man sich eben zuschuetten! Maennliche Fruchtfliegen sind eben auch nur Menschen…

Quelle:

Shohat-Ophir, G., Kaun, K. R., Azanchi, R., & Heberlein, U. (2012). Sexual deprivation increases ethanol intake in drosophila. Science (New York, N.Y.), 335(6074), 1351.

Die Moderne und das Morgenland…

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Im allgemeinem Verstaendnis erscheint der Islam heute als ein Glaubenssystem mit sehr strengen religioesen Regeln die gleichzeitig von vielen Anhaenger rigoros befolgt werden. Zu den fuenf Grundpflichten des Moslem gehoeren das islamische Glaubensbekenntnis Schahada, die fuenf taeglichen Gebete Salat, die Abgabe von Almosen an die Armen Zakat, die Pilgerfahrt Haddsch und das Fasten Saum im Fastenmonat Ramadan.

Diese Grundpflichten haben eine lange Tradition, der Islam wurde immerhin zwischen 600 und 632 unserer Zeitrechnung erfunden, und sind heute noch regelmaessig Gegenstand der Interpretation im Kontakt mit der sonst fortschreitenden Zivilisation.

Eine relativ kuerzlich verortnete Fatwa, ein islamisches Rechtsgutachten das ein bestimmten Fall gemaess dem Islam beurteilt, betrifft nun die letzte der genannten Grundpflichten, das Fasten im Ramadan, im Bezug auf das Burj Khalifa, dem mit ungefaehr 830 Metern derzeit hoechste Gebaeude der Welt welches spaetestens seit der Erklimmung von Tom Cruise dem weltweiten Kinobesuchern mit miesem Filmgeschmack bekannt sein sollte und natuerlich in unser aller lieb gewonnenem Dubai zu finden ist. Wasn Satz!

Ok, worum geht es? Die Vorschrift des Fastens besagt, dass der Moslem offiziel nur zwischen Sonnenunter- und Sonnenaufgang essen darf, tagsueber ist die Aufnahme von Nahrung nicht erlaubt… und kein Sex. Das Problem ist nun, dass das  Burj Khalifa aufgrund seiner Hoehe in Verbindung mit der Kruemmung der Erde verschiedene Sonnenuntergangszeiten hat. Wer der Illustration in dem Link folgt und sich an seinen Mathematikunterricht aus der Schule erinnert, sollte verstehen, dass je hoeher ich mich befinde desto weiter verschiebt sich quasi mein Horizont hinten und desto laenger seh ich die Sonne. Nun sah sich das Department of Islamic Affairs and Charitable Activities eben gezwungen eine Fatwa in Auftrag zu geben, die zu dem folgenden Schluss gekommen ist:

Alle Bewohner, die zwischen dem 80. und 149. Stock leben muessen zwei Minuten laenger Warten mit dem Abendessen als die Bewohner unter ihnen und die Menschen die auf dem Boden leben. Alle Bewohner ab dem 150. Stock muessen die Unterbrechung des Fastens drei Minuten verzoegern. Das selbe gilt uebrigens auch fuer die Gebete.

Das erinnert ja ein bisschen an den Villarriba und Villabajo Werbespot von 1991. Ganz im Sinne “Waehrend Stockwerte 150 aufwaerts noch fasten, ist der Rest von Dubai schon am Essen”…

 Quelle:

Fatwa rules Burj Khalifa residents must fast longer

Was ist ein guter Oekonom…

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2009 ging ein Streit durch die deutschen Universitaeten, ungehoert von der breiten Bevoelkerung war er doch allgegenwaertig. Es ging um einen Methodenstreit der Oekonomen nach der Neubesetzung von Lehrstuehlen in Koeln. Alteingesessene Ordnungspolitiker gegen die jungen Wilden. Die FTD (Financial Times Deutschland) sprach von Volkswirten im Dschungelcamp und folgert:

“Was viele deutsche Ökonomen bräuchten, ist eine Wiedereingliederung in die Welt real zu lösender  Wirtschaftsprobleme. Dabei gilt es in der Zunft eher als Makel, wenn jemand in die Politik geht. Da muss man Kompromisse machen, wie furchtbar. Entsprechend weltfremd klingen dann halt die akademischen Empfehlungen.”

Denn der Unterschied zu den USA ist,

“dass es dort reihenweise Topwissenschaftler gibt, die Präsidenten beraten oder Chefökonomen werden – und zumindest versuchen, die akute Krise mitzulösen, manchmal auch sich selbst widerlegen. Das erhöht die Chancen, wieder ernst genommen zu werden – eher jedenfalls als ein Streit über Methoden, die der Welt derzeit wenig helfen.”

Und auch in anderen Medien wurde das Thema gross diskutiert. Der Spiegel sah ein Versagen der Uni-Oekonomen und die FAZ hat eine ganze Serie ueber Oekonomik-Debatte geschrieben.

Doch gibt es auch einige Gegenstimmen, so zum Beispiel Ruediger Bachman der als Uni-Oekonom austeilt. Im Gegensatz zur Presse hielt er den Methodenstreit fuer wichtig, denn

“Wissenschaft ist per Definition ein methodisches Unterfangen und bedarf deshalb auch der methodischen Reflexion. Und manchmal ist die Zeit einfach reif dafür – mit Sicherheit war sie das in Deutschland –, Finanzkrise hin oder her.”

Doch was ist der Inhalt des Methodenstreits? Der Inhalt war und ist die eng verbunden mit der Definition des Oekonomen selbst. Was muss er koennen, was muss er wissen, was muss er sagen? Diese Frage ist nicht nur in Deutschland gestellt worden. Der Artikel der FTD zitiert hierbei einen der grossen Namen der Oekonomie, Lord John Meynard Keynes, wir wollen ja Titel wuerdigen, der sagte ein Oekonom brauche Logik, Intuition und Faktenwissen.

Es existieren quasi zwei Extreme, die sich an folgenden Zitaten darstellen lassen. Zum einen haben wir den franzoesischen Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreistraeger Gérard Debreu (1991), der 1991 in einer Analyse von wissenschaftlichen Artikeln schrieb:

“Few of the articles published (…) would pass the acid test of removing all their economic interpretations and letting their mathematical infrastructure stand on its own” (p. 3).

Ihm zufolge muss die Oekonomie allein auf der Logik mathematischer Berechnungen stehen koennen um einen wissenschaftlichen Wert zu haben. Alles andere sei nur Beiwerk. Etwas mehr auf den Punkt bringt Lionel Charles Robbins (2007[1932]):

“The borderlands of Economics are the happy hunting-ground of the charlatan and the quack, and, in these ambiguous regions, in recent years, endless time has been devoted to the acquisition of cheap notoriety by attacks on the alleged psychological assumption of Economic Science” (pp. 83-84).

Dem Gegenueber stehen, wenn auch in geringer Anzahl, Oekonomen, die fuer eine Erweiterung der Methodik in der Wissenschaft aussprechen, aehnlich wie die Argumentationskette in den Serien der FAZ und Co. George Lennox Sharman Shackle brachte es meines Erachtens grossartig auf den Punkt:

 “[t]o be a complete economist, a man need only be a mathematician, a philosopher, a psychologist, an anthropologist, a historian, a geographer, and a student of politics; a master of prose exposition; a man of the world with the experience of practical business and finance, an understanding of the problems of administration, and a good knowledge of four or five languages. All this in addition, of course, to familiarity with the economics
 literature itself” (Shackle, 1953, as cited in Steele, 2004, p. 1052).

Diese Analyse klingt zwar aeusserst komisch, spiegelt aber die generelle Forderung nach der Methodenerweiterung gegenueber der klassischen, rein auf dem mathematischen Instrumentalismus basierenden Oekonomie wieder. Der Oekonom sollte schon mehr kennen als das Gleichgewicht auf Maerkten. Genau das ist es, was auch in der deutschen Lehre bemaengelt wird. Jedoch ist eine solche Entwicklung nicht unbekannt, gibt es doch Versuche in der Neuen Institutionsoekonomik disziplinuebergreifend zu denken…
Die Frage bleibt, wann ist ein Oekonom ein guter?

Na da freu ich mich aber auf das Tollhaus, wenn ich zurueck komme…

Quellen:

Debreu, G. (1991). The mathematization of economic theory. The American Economic Review, 81(1), 1-7.

Robbins, L. (2007 [1932]). An essay on the nature and significance of economic science. London, UK: Macmillan and Co.

Steele, G. R. (2004). Understanding economic man. The American Journal of Economics and Sociology, 63(5), 1021-1055.